Wenig Rückhalt in der Politik

  1. Startseite
  2. Politik

DruckenTeilen

Die Protestaktion des „Zentrums für Politische Schönheit“ in Plakatform vor dem Bundeskanzleramt. © IMAGO/Metodi Popow

Dass die AfD demokratiefeindlich ist und sich gegen die Menschenwürde richtet, sehen in Wissenschaft und Politik viele. Aber wenige wollen sie verbieten.

Frankfurt – Angesichts des anhaltenden Umfragehochs der AfD, und damit drohendem größeren Einfluss und weiterer Verfestigung der Strukturen der rechten Partei, wird auch wieder lauter über ein mögliches Verbot der Partei diskutiert. Politische Unterstützung für einen Versuch dazu ist aber weiter dünn gesät.

Zwar hat die Chefin der SPD, Saskia Esken die Diskussion darüber im neuen Jahr weitergeführt, sie bekommt dafür aber schon aus der eigenen Partei längst nicht nur Unterstützung. Esken sagte in in dieser Woche, ein Verbotsantrag sei aus ihrer Sicht weiter eine Option, die man „immer wieder prüfen“ solle. Die AfD sei Teil eines rechtsextremen Netzwerks, die politische Strategie der Partei sei aus ihrer Sicht „ganz klar demokratiefeindlich“, so Esken weiter.

Inhaltlich sieht Eskens Parteikollege Carsten Schneider es ähnlich. Der Bundestagsabgeordnete und Regierungs-Beauftragte für Ostdeutschland attestiert auch einem „Teil der AfD-Wähler in Ost wie West“ in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung, „eine nationalistische, minderheitenfeindliche, rassistische Politik“ zu wollen. Von einem Verbot halte er aber trotzdem „gar nichts“, so Schneider. Die Erfolgschancen für ein solches Verfahren seien gering, ein Verbot ohnehin schwer durchzusetzen und die Gefahr, damit eine noch größere Solidarisierung auszulösen, groß.

Diskussion über AfD-Verbot

In der FR hat sich zuletzt auch die Linken-Politikerin Petra Pau gegen einen Versuch, die AfD zu verbieten, ausgesprochen. Wie Schneider fordert Pau stattdessen von den demokratischen Parteien, deutlicher die politische Auseinandersetzung mit der AfD zu suchen. Für einen Verbotsantrag hat sich dagegen einer von Schneiders Vorgängern als Ostbeauftragter ausgesprochen, der sächsische CDU-Bundestagsabgeordnete Marco Wanderwitz. Auch Wanderwitz hat einen solchen Antrag vor dem Bundesverfassungsgericht aber noch nicht gestellt. Er möchte damit ein für Ende Februar erwartetes Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster abwarten. Das Gericht soll dann über Klagen gegen die Einstufung von Teilen der Partei als rechtsextrem durch den Verfassungsschutz entscheiden. In erster Instanz hatten Beschwerden dagegen keinen Erfolg.

Forschung und Faktenchecks zur AfD

Diverse Initiativen und Forschungsprojekte wenden sich gegen den gesellschaftlichen Rechtsruck und den Aufschwung der AfD. Zwei Beispiele:

Die Plattform verfassungsblog.de hat das „Thüringen-Projekt“ gestartet, das erforscht, was passiert, wenn eine autoritär-populistische Partei staatliche Machtmittel in die Hand bekommt – und wie die Demokratie sich schützen kann. Selbsterklärte Ziele sind, die Öffentlichkeit und die Rechtswissenschaft für die Gefahr zu sensibilisieren und „die Resilienz von Funktions- und Entscheidungsträgern in Thüringen im Fall einer autoritär-populistischen Machtübernahme zu stärken“.

Im Sommer sollen die Ergebnisse des Projekts veröffentlicht werden.

Aktuelle Debatten finden sich unter: verfassungsblog.de/thuringen-projekt

Die Anti-AfD-Kampagne #afdnee will per Faktencheck potenzielle Wähler:innen der teils rechtsextremen Partei umstimmen. Die vom Frankfurter

Verein für demokratische Bildung und Kultur (Demopuk) getragene Initiative nimmt in ihren Aktionen das Programm der Partei plakativ unter die

Lupe und zeigt, dass diejenigen, die die AfD wählen wollen, am meisten unter ihrer Politik leiden würden. Das gilt etwa für die Entwicklung der Renten, die Steuerpolitik (die AfD lehnt Erbschafts- und Vermögenssteuern ab) und volkswirtschaftliche Schäden infolge einer restriktiven Zuwanderungspolitik.

Infos: afdnee.de (rü)

Argumente für ein Verbot der AfD hatte schon im Juni 2023 das „Institut für Menschenrechte“ in einer Veröffentlichung genannt. Deren Autor, der Jurist und wissenschaftliche Mitarbeiter des Instituts Hendrik Cremer, stellte darin fest, die AfD habe „in ihrer Programmatik als Gesamtpartei eine rassistische national völkische Ausrichtung fest verankert“. Diese Ausrichtung beschränke sich nicht auf die am deutlichsten rechtsextremen Landesverbände oder Untergruppierungen innerhalb der Partei, sondern gehöre zu deren politischem Kern. Indem die AfD „nicht alle Deutschen als solche anerkennt“ und „Menschen, die trotz deutscher Staatsangehörigkeit aus Sicht der AfD nicht als Deutsche gelten […] Grund und Menschenrechte“ entziehen wolle, richte sie sich fundamental gegen das Grundgesetz und die darin festgeschriebenen Prinzipien der Menschenwürde, Demokratie und Freiheit.

Zudem setzt sich, so Cremer, „innerhalb der Gesamtpartei zunehmend der Kurs durch, der von Björn Höcke schon lange verfolgt wird“ und der „auf eine am Nationalsozialismus orientierte Gewaltherrschaft abzielt“. Gerade Höckes Thüringer Landespartei könnte in diesem Jahr einen Wahlerfolg einfahren. Er ist aber auch in anderen Landesverbänden gerade im Osten prägend – auch ohne Amt auf Bundesebene – und häufig prominenter Gast etwa bei Wahlkampfveranstaltungen. Viele AfD-Leute auch außerhalb von Thüringen unterstützen Höcke explizit.

Dass sich der sogenannte „Flügel“, die Organisation für Höckes parteiinterne Hausmacht, 2020 formal aufgelöst hat, tat dem keinen Abbruch. Im Gegenteil: Die Partei hatte damals so noch versucht, zumindest in Sachen politischer Optik auf Einschätzungen des Flügels durch den Verfassungsschutz zu reagieren. Der hatte beschieden, die Organisation sei rechtsextrem. und sie unter Beobachtung gestellt. Inzwischen weisen AfD-Politiker:innen entsprechende Einstufungen der Landesverbände in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt zwar zurück, und die Partei geht auch juristisch dagegen vor. Sie zieht aber keine politischen Konsequenzen, die signalisieren würden, dass sich ein Teil von ihr von rechtsextremen Bestrebungen in der AfD distanzieren würde.

Kommentar zum AfD-Verbot

Eine Option mit zu hohen Risiken

Protest stößt Debatte an

Aufmerksamkeit erhielt die Idee eines Verbots der AfD zuletzt auch durch eine plakative Aktion des Aktivismus-Kollektivs „Zentrum für politische Schönheit“ (ZPS). Es veröffentlichte einen Aufruf für ein Verbot der Partei, der maschinell Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in den Mund gelegt wurde, und sammelte auf der Webseite afd-verbot.de Argumente und Belege für die verfassungsfeindliche Haltung der Partei und einiger ihrer Funktionäre und Mitglieder. In einem Vortrag auf der Konferenz 37C3 erklärten Philipp Ruch und Stefan Pelzer, zwei Akteure hinter dem ZPS, auf einen Aufruf des Kollektivs hin aus AfD-Kreisen Belege für menschenfeindliche Äußerungen in der Partei erhalten zu haben. (Daniel Roßbach)