Ehepaar gibt sein Geschäft in Dorfen auf

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Die Rucksäcke sind bald gepackt: Selbst wieder mehr auf Tour gehen wollen Georg und Ingrid Eberle, wenn sie nach der Ladenschließung mehr Zeit für ausgiebige Reisen haben. Noch ist die Auswahl groß im Laden. © Birgit Lang

Erst kamen das Internet und Corona, und dann auch Parkplatzprobleme und Verkehrschaos in Dorfen: Das Ehepaar Eberle gibt sein Geschäft auf. Räumungsverkauf ist im Mai.

Dorfen – Dorfen ist wieder um ein Geschäft ärmer, die Kette an Ladenschließungen im Einzelhandel reißt nicht ab: Camping Eberle an der Erdinger Straße schließt zum 1. Juni. „Es hat sich einfach nicht mehr gerechnet“, erklärt Georg Eberle. Im Mai ist Räumungsverkauf.

Camping Eberle schließt seine Türen: „Anfangs war die Akzeptanz zäh“

Eigentlich habe er sich aus der Not heraus im Februar 1994 selbstständig gemacht, als sein Arbeitgeber, eine Elektronikfirma in München Konkurs machte, erzählt Georg Eberle. „Wir waren früher selbst viel unterwegs in der Welt mit unserem VW-Bus und später mit dem Jeep. Da haben wir es einfach mit einem Outdoor- und Travel-Shop probiert, nachdem die Räumlichkeiten im Erdgeschoss im eigenen Haus leer standen.“

Das Geschäft brauchte erst eine gewisse Anlaufzeit. „Anfangs war die Akzeptanz zäh“, sagt Georgs Ehefrau und Geschäftspartnerin Ingrid. „Wir waren ziemlich mit die Ersten auf diesem Gebiet. Im Umkreis von 40 Kilometern gab es keinen Travel-Shop.“ Nur in München und Passau gab es welche, aber die seien alle schon lange weg, trotz super Sortiment, nur der Gigant Globetrotter ist noch übrig geblieben.

Geschäft lief zeitweise sehr gut: „In zwei bis drei Tagen war die bestellte Ware da“

Ab dem Jahr Jahr 2000 lief das Geschäft sehr gut, allerdings immer auch wetterabhängig. Das Sortiment reichte von Socken bis zum Busvorzelt. Ab 1999 war Camping Eberle Händler für Frankana-Freiko, die in ihrem Katalog vom Zelt-Hering bis zur Kühlbox alles führten. „Wir konnten auch schnell agieren, in zwei bis drei Tagen Lieferzeit war die bestellte Ware da. Das war ein Glücksgriff.“

Die Kunden waren kunterbunt. Es kamen Camper, Wohnmobil- und Motorradfahrer und Trekker, aber auch Jakobswanderer, Pfadfinder, Fischer und Waldkindergarteneltern. Auch Kinder und Jugendliche kauften sich gern ihr erstes Taschenmesser oder einen Kompass beim Eberle. „Manche kamen mit ihren Eltern schon in der Kraxe und sind uns bis jetzt erhalten geblieben. Wir sind mit ihnen alt geworden“, sagt der 69-jährige Geschäftsmann. Die Stammkunden kamen bis aus Landshut, Wasserburg, Dachau und Mühldorf.

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Natürlich seien die hochwertigen Markenprodukte nicht billig gewesen, dafür aber nachhaltig. „Wir haben Kunden, die die Columbia-Kinderjacke schon in dritter Generation vererbt haben.“ Im Sortiment waren sogar Produkte mit lebenslanger Garantie, berichtet Georg Eberle und erinnert sich etwa an einen Kunden, der 20 Jahre nach dem Kauf eine Iso-Matte reklamierte und dafür eine neue erhielt.

Ein Problem sei gewesen, dass man als Händler bei Herstellern hochwertiger Ware immer ein gewisses Kontingent abnehmen müsse. Für Eberles bedeutete das eine „riesige Lagerhaltung“, die vorfinanziert werden musste. „Wir hatten mal für 180 000 Mark Ware auf Lager“, erzählt das Ehepaar.

Nach Corona bricht ganze Branche ein

„Das Geschäft lief 2019 noch gut. Dann kam Corona. Da haben wir noch mit ‚Click & Collect’ ein bisschen Geschäft gemacht.“ Danach sei die ganze ganze Branche auch durch Lieferengpässe massiv eingebrochen. Und nach Corona kam der Brückenneubau B15, stehender Verkehr auf der Erdinger Straße und Parkverbote. „Dann sind die Leute lieber nach Haag oder Landshut zum Einkaufen gefahren“, sagt Eberle.

Auch das Geld sitze nicht mehr so locker wie früher, das Internet und die Billigprodukte der Discounter machten es auch nicht leichter.

Summa summarum führe kein Weg dran vorbei: Der Laden schließt. Das bedauern viele der Stammkunden, immerhin 80 Prozent der Klientel. Unter ihnen ist die 77-jährige Christa Sondermeier, die hier regelmäßig Imprägnier-Mittel für ihre Anoraks kauft. „Es tut mir Leid, dass sie aufhören. Dann muss es mir meine Tochter künftig aus dem Internet bestellen“, sagt sie resigniert.

Bei den Eberles war kein Nachfolger in Sicht. Die eigene Tochter war nicht interessiert. Außerdem: Man könne diese Branche auch keinem mehr guten Gewissens empfehlen, sagt Georg Eberle. „Es ist eine brotlose Kunst geworden, zu viele Stunden Arbeit, zu wenig Einnahmen zum Leben.“ Zudem brauche es viel Know-how. Denn es ist ein sehr beratungsintensives Geschäft und sehr frustrierend, immer wieder zu erleben, dass die Kunden sich nach einem 45-minütigen Beratungsgespräch das Produkt woanders oder im Internet kaufen.

Bereits 2023 haben die Eberles die Öffnungszeiten reduziert, nur noch auf Anfrage geöffnet und ihre Freizeit wieder mehr genossen. „Wir haben sehr viel Herzblut reingehängt, aber nach 30 Jahren ist jetzt Schluss“, sagen die Geschäftsleute und möchten sich recht herzlich bei ihren treuen Kunden bedanken.

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Räumungsverkauf

Von 6. bis 31. Mai ist Räumungsverkauf, vormittags von 9 bis 12 Uhr und nachmittags von 14 bis 18 Uhr. Mittwoch und Samstag ist geschlossen.